Rauchzeichen
kannten schon die uralten Indianerstämme Amerikas als
minimalistisches Kommunikationsmittel über die Ferne. Jedes Mal,
wenn Rauchwolken am Horizont erschienen, war klar: Es wird ein Sieg
oder ein Krieg verkündet, es herrscht Freude oder Verzweiflung, es
herrscht Mut oder Wut – in jedem Falle bewegt sich dort etwas, es
finden Veränderungen statt. Und die wahrscheinlich elementarste
Frage desjenigen dort drüben wird beantwortet: Ist er noch da?
So soll dieses Blog
Rauchzeichen von mir an euch sein und über meine Siege und Kriege in
Uganda berichten. Und natürlich soll es euch sagen: Der lebt doch
noch! Es geht um meine Erlebnisse und Erfahrungen in diesem für mich
so neuen und unbekannten Land. Es soll euch von meinen persönlichen
Veränderungen berichten und von jenen, die möglicherweise und
hoffentlich auch ich bewirken kann. Ich möchte meine Eindrücke und
Gedanken mit euch teilen, die ich mit den freundlichen Menschen
Ugandas, meinen Freunden und Arbeitskollegen, auf Reisen oder auf dem
Markt gewinne.
Wie auch der Rauch am
Himmel erst mit Verspätung zum Ereignis erscheint, so entsteht auch
meine erste Morsenachricht an meine Freunde, Familie, jeden
Interessierten und natürlich meine gedanklichen und finanziellen
Unterstützer mit einiger Zeitverzögerung. Jetzt bin ich schon seit
über zwei Monaten hier und wie man das kennt vergeht die Zeit im
Flug. Es überwältigt mich, wenn ich an die letzte Zeit in
Deutschland zurückdenke – damit meine ich die Abizeit und andere
emotionsträchtige Ereignisse, auf die wir alle so lange gewartet
haben, und die dann doch wieder so schnell vorbei gewesen sind –
und gleichzeitig spüre, wie sehr ich schon in die „Perle Afrikas“
eingetaucht bin, während die Erinnerungen an das Gymnasiastenleben
verblassen. Da kann ich mich manchmal gar nicht entscheiden, ob ich
mich auf zukünftige Abenteuer freuen oder den unbeschwerlichen
Zeiten in der Schule nachtrauern soll.
Ich habe mich nun doch
noch entschieden dieses Blog einzurichten, denn ich empfinde es nach
vielen geschriebenen E-Mails als die entspannteste Art Neuigkeiten zu
verschicken. Vor allem aber hat mich das Wiedersehen von mir und
meiner Kamera, die in den letzten sechs Wochen nichts als die Kammer
eines Technikers aus Kampala vor der Linse hatte, dazu angestachelt
diesen Blog als Fotoalbum zu nutzen. Am vergangenen Mittwoch sind
meine Mitbewohnerin Clara und ich nach Kampala gefahren, um beim
Hauptquartier des ugandischen Roten Kreuzes unsere Reisepässe
abzugeben, um dann nach ugandischer Zeitrechnung ein neues Visum mit
Arbeitserlaubnis am letzten Tage unseres aktuellen Touristenvisums zu
erhalten. Vorher haben wir bei jenem Fotoshop vorbeigeschaut. Endlich
war wieder alles in Ordnung mit der Kamera, nachdem das Objektiv
nicht mehr ausgefahren war und ich sehr glücklich und bereit die
ganzen Eindrücke festzuhalten die mich jeden Tag überfluten. Zuvor
habe ich viele Diskussionen mit Mr. Ssesanga geführt, ich würde
gerne die Kamera mit allen Funktionen zurückhaben und es genüge
nicht das ursprüngliche Problem zu beheben und dann wäre auch ein
Objektiv mit eigenwilliger Zoomfunktion okay. Während vielen
Wartezeiten in dem Geschäft habe ich den Eindruck gewonnen, dass die
Menschen hier eine nur teilweise funktionsfähige Kamera viel eher
akzeptieren, als wir das tun würden – Hauptsache Fotos schießen
funktioniert irgendwie. Unsere feinen Ansprüche sind hier
ziemlich fremd.
Im Laufe dieses Tages
hatte ich dann schon viele Möglichkeiten Material für das „Album“
anzuhäufen: Da alle Freiwilligen unserer Gruppe in der vergangenen
Woche nach Kampala gefahren sind, um ihre Pässe abzugeben, haben wir
uns abends mit drei Mitfreiwilligen zum Essen getroffen. Anschließend
haben wir uns noch auf ein Pils in eine Bar mit atemberaubendem Blick
über den hektischen Taxipark Kampalas gesetzt, um die Rush Hour
abzuwarten. Der Verkehr in Uganda verdient eine genauere
Beschreibung. In Kampala ist am Abend so viel los auf den Straßen,
dass es kaum Zeitvorteil bringt, wenn man die Stadt um sechs Uhr
statt um acht oder neun Uhr verlässt. Es geht dann nicht nur langsam
voran, sondern es kann auch passieren, dass der Taxibus (Matatu) eine
Stunde auf der Stelle steht. Die Ugander nennen das Jam, sagen aber
nicht Dschäm sondern Jam. Wenn man also erst um neun
ins Matatu steigt, spart man sich das Warten und auch einige Nerven,
denn während der Rush Hour wird der ohnehin schon ziemlich
gefährliche Verkehr lebensgefährlich. Sicherheitsabstände und
Rücksicht gibt’s nicht und die Scheinwerfer und Hupen der Autos
verbreiten mit konsequentem On-Off-Betrieb Angst und Schrecken bei
uns Deutschen. Schon ziemlich oft habe ich im Matatu gesessen und
hauchdünn kalkulierte Überholmanöver erlebt, die auch immer von
ein wenig Glück zu leben scheinen. Und das Finale ist, dass diese
Busse mit bis zu zwanzig Menschen gefüllt werden, obwohl es nur 15
Plätze gibt. Es ist immer eng und so gilt für den gesamten Verkehr
auf der Straße, wie für die Passagiere in den Wagen: „Extend,
extend!“
Den Großteil dieser
ersten Rauchwolke habe ich am Sonntag, nach einem erlebnisreichen
Wochenende in einer paradiesischen Bar am Victoriasee geschrieben.
Nur eine tennisplatzgroße Rasenfläche, umringt vom Urwald, direkt
am See, mit Bambussesseln für höchstens 15 Personen. Vielleicht
schaffe ich es sogar die Bar zur Produktionsstätte weiterer Einträge
werden zu lassen, denn ich finde es ist ein guter Ort, um mal zwei,
drei Stunden ohne Gequassel zu sitzen, nur mit 'nem Buch oder
Tagebuch. Ganz besonders nach einem anstrengendem Wochenende. Am
Samstag hatte unser Büro ein Fußballturnier organisiert, es haben
sechs Mannschaften teilgenommen und ich habe für die Truppe unseres
Büros mitgekickt. Es war unglaublich unorganisiert und nicht gerade
gute Werbung für das Rote Kreuz, aber Spaß hat es trotzdem gemacht.
Am Samstagabend hat dann hier in Jinja, die zweitgrößte Stadt nach
Kampala, ein sogenannter „Street Jam“ stattgefunden: Eine Straße
wurde gesperrt, die fünf populärsten Musiker des Landes sind auf
einer riesigen Bühne aufgetreten und die Masse ist stundenlang am
Rad gedreht. Ich bin da mit Blattah und Jonathan hin – zwei Freunde
vom ugandischen Roten Kreuz – nachdem wir zuvor in gemütlicher
Männerrunde gekocht hatten. Wir haben das Konzert voll ausgekostet
und sind um vier völlig müde vom Getanze, Gezapple und Gebrüll
nach Hause gegangen.
Jetzt habt ihr
hoffentlich einen kleinen Eindruck meiner letzten Tage im materiellen
Glück gewonnen und wisst was das hier soll. Unter diesen Eintrag
pinne ich noch einige Fotos und ihr könnt sehen wovon ich so geredet
habe. Ich gebe mir Mühe die Waage zu halten zwischen Wörtern und
Bildern!
Ich denke an euch,
erinnert mich daran das Feuer nicht ausgehen zu lassen!
Bis bald!
Claudius
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Das Profilfoto zeig Alfred, ein ugandischer Freiwilliger, und mich, während wir darauf warten 150 Grundschülern nahezubringen, dass sie ihr Pausenbrot teilen können - ohne HIV-Risiko |
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Der besagte Tag in Kampala: Hier, vor allem im Hintergrund, ist der hektische Verkehr in Kampala zu erahnen |
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In Uganda fallen viele Moscheen und Tempel auf, denn der Islam und auch viele Inder/Pakistani sind hier präsent |
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Der Taxipark in Kampala, unsere tolle Sicht aus der Bar - ein einziges Gewusel |
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Das Fußballturnier am Samstag - da hat deutscher Organisationseifer gefehlt |
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Blattah lässt sich bekochen und liegt im Eingang unserer Wohnung, während draußen die Rufe der Moscheen und Tempel hallen |
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Jonathan, den alle "boyfriend" nennen, beweist, dass er besser und schneller mit Hand abwaschen kann als ich |
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Das Paradies am Victoriasee |
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Wenn man lange genug wartet, die Moskitos und das Malariagespenst ignoriert, kann man den Sonnenuntergang bei Vogelgezwitscher und Affengebrüll genießen |
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Wenn man aus unserer Wohnungstür schaut, ... |
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... erhascht man einen spannenden Blick über Wellblechdächer, sogar an der Baumkrone vorbei bis zum See |
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