Donnerstag, 17. November 2011

Webale okujja mu Uganda – „Danke für deinen Besuch in Uganda“ – Willkommen in Uganda


Rauchzeichen kannten schon die uralten Indianerstämme Amerikas als minimalistisches Kommunikationsmittel über die Ferne. Jedes Mal, wenn Rauchwolken am Horizont erschienen, war klar: Es wird ein Sieg oder ein Krieg verkündet, es herrscht Freude oder Verzweiflung, es herrscht Mut oder Wut – in jedem Falle bewegt sich dort etwas, es finden Veränderungen statt. Und die wahrscheinlich elementarste Frage desjenigen dort drüben wird beantwortet: Ist er noch da?

So soll dieses Blog Rauchzeichen von mir an euch sein und über meine Siege und Kriege in Uganda berichten. Und natürlich soll es euch sagen: Der lebt doch noch! Es geht um meine Erlebnisse und Erfahrungen in diesem für mich so neuen und unbekannten Land. Es soll euch von meinen persönlichen Veränderungen berichten und von jenen, die möglicherweise und hoffentlich auch ich bewirken kann. Ich möchte meine Eindrücke und Gedanken mit euch teilen, die ich mit den freundlichen Menschen Ugandas, meinen Freunden und Arbeitskollegen, auf Reisen oder auf dem Markt gewinne.

Wie auch der Rauch am Himmel erst mit Verspätung zum Ereignis erscheint, so entsteht auch meine erste Morsenachricht an meine Freunde, Familie, jeden Interessierten und natürlich meine gedanklichen und finanziellen Unterstützer mit einiger Zeitverzögerung. Jetzt bin ich schon seit über zwei Monaten hier und wie man das kennt vergeht die Zeit im Flug. Es überwältigt mich, wenn ich an die letzte Zeit in Deutschland zurückdenke – damit meine ich die Abizeit und andere emotionsträchtige Ereignisse, auf die wir alle so lange gewartet haben, und die dann doch wieder so schnell vorbei gewesen sind – und gleichzeitig spüre, wie sehr ich schon in die „Perle Afrikas“ eingetaucht bin, während die Erinnerungen an das Gymnasiastenleben verblassen. Da kann ich mich manchmal gar nicht entscheiden, ob ich mich auf zukünftige Abenteuer freuen oder den unbeschwerlichen Zeiten in der Schule nachtrauern soll.

Ich habe mich nun doch noch entschieden dieses Blog einzurichten, denn ich empfinde es nach vielen geschriebenen E-Mails als die entspannteste Art Neuigkeiten zu verschicken. Vor allem aber hat mich das Wiedersehen von mir und meiner Kamera, die in den letzten sechs Wochen nichts als die Kammer eines Technikers aus Kampala vor der Linse hatte, dazu angestachelt diesen Blog als Fotoalbum zu nutzen. Am vergangenen Mittwoch sind meine Mitbewohnerin Clara und ich nach Kampala gefahren, um beim Hauptquartier des ugandischen Roten Kreuzes unsere Reisepässe abzugeben, um dann nach ugandischer Zeitrechnung ein neues Visum mit Arbeitserlaubnis am letzten Tage unseres aktuellen Touristenvisums zu erhalten. Vorher haben wir bei jenem Fotoshop vorbeigeschaut. Endlich war wieder alles in Ordnung mit der Kamera, nachdem das Objektiv nicht mehr ausgefahren war und ich sehr glücklich und bereit die ganzen Eindrücke festzuhalten die mich jeden Tag überfluten. Zuvor habe ich viele Diskussionen mit Mr. Ssesanga geführt, ich würde gerne die Kamera mit allen Funktionen zurückhaben und es genüge nicht das ursprüngliche Problem zu beheben und dann wäre auch ein Objektiv mit eigenwilliger Zoomfunktion okay. Während vielen Wartezeiten in dem Geschäft habe ich den Eindruck gewonnen, dass die Menschen hier eine nur teilweise funktionsfähige Kamera viel eher akzeptieren, als wir das tun würden – Hauptsache Fotos schießen funktioniert irgendwie. Unsere feinen Ansprüche sind hier ziemlich fremd.

Im Laufe dieses Tages hatte ich dann schon viele Möglichkeiten Material für das „Album“ anzuhäufen: Da alle Freiwilligen unserer Gruppe in der vergangenen Woche nach Kampala gefahren sind, um ihre Pässe abzugeben, haben wir uns abends mit drei Mitfreiwilligen zum Essen getroffen. Anschließend haben wir uns noch auf ein Pils in eine Bar mit atemberaubendem Blick über den hektischen Taxipark Kampalas gesetzt, um die Rush Hour abzuwarten. Der Verkehr in Uganda verdient eine genauere Beschreibung. In Kampala ist am Abend so viel los auf den Straßen, dass es kaum Zeitvorteil bringt, wenn man die Stadt um sechs Uhr statt um acht oder neun Uhr verlässt. Es geht dann nicht nur langsam voran, sondern es kann auch passieren, dass der Taxibus (Matatu) eine Stunde auf der Stelle steht. Die Ugander nennen das Jam, sagen aber nicht Dschäm sondern Jam. Wenn man also erst um neun ins Matatu steigt, spart man sich das Warten und auch einige Nerven, denn während der Rush Hour wird der ohnehin schon ziemlich gefährliche Verkehr lebensgefährlich. Sicherheitsabstände und Rücksicht gibt’s nicht und die Scheinwerfer und Hupen der Autos verbreiten mit konsequentem On-Off-Betrieb Angst und Schrecken bei uns Deutschen. Schon ziemlich oft habe ich im Matatu gesessen und hauchdünn kalkulierte Überholmanöver erlebt, die auch immer von ein wenig Glück zu leben scheinen. Und das Finale ist, dass diese Busse mit bis zu zwanzig Menschen gefüllt werden, obwohl es nur 15 Plätze gibt. Es ist immer eng und so gilt für den gesamten Verkehr auf der Straße, wie für die Passagiere in den Wagen: „Extend, extend!“

Den Großteil dieser ersten Rauchwolke habe ich am Sonntag, nach einem erlebnisreichen Wochenende in einer paradiesischen Bar am Victoriasee geschrieben. Nur eine tennisplatzgroße Rasenfläche, umringt vom Urwald, direkt am See, mit Bambussesseln für höchstens 15 Personen. Vielleicht schaffe ich es sogar die Bar zur Produktionsstätte weiterer Einträge werden zu lassen, denn ich finde es ist ein guter Ort, um mal zwei, drei Stunden ohne Gequassel zu sitzen, nur mit 'nem Buch oder Tagebuch. Ganz besonders nach einem anstrengendem Wochenende. Am Samstag hatte unser Büro ein Fußballturnier organisiert, es haben sechs Mannschaften teilgenommen und ich habe für die Truppe unseres Büros mitgekickt. Es war unglaublich unorganisiert und nicht gerade gute Werbung für das Rote Kreuz, aber Spaß hat es trotzdem gemacht. Am Samstagabend hat dann hier in Jinja, die zweitgrößte Stadt nach Kampala, ein sogenannter „Street Jam“ stattgefunden: Eine Straße wurde gesperrt, die fünf populärsten Musiker des Landes sind auf einer riesigen Bühne aufgetreten und die Masse ist stundenlang am Rad gedreht. Ich bin da mit Blattah und Jonathan hin – zwei Freunde vom ugandischen Roten Kreuz – nachdem wir zuvor in gemütlicher Männerrunde gekocht hatten. Wir haben das Konzert voll ausgekostet und sind um vier völlig müde vom Getanze, Gezapple und Gebrüll nach Hause gegangen.

Jetzt habt ihr hoffentlich einen kleinen Eindruck meiner letzten Tage im materiellen Glück gewonnen und wisst was das hier soll. Unter diesen Eintrag pinne ich noch einige Fotos und ihr könnt sehen wovon ich so geredet habe. Ich gebe mir Mühe die Waage zu halten zwischen Wörtern und Bildern!

Ich denke an euch, erinnert mich daran das Feuer nicht ausgehen zu lassen!
Bis bald!

Claudius
 

 
Das Profilfoto zeig Alfred, ein ugandischer Freiwilliger, und mich, während wir darauf warten 150 Grundschülern nahezubringen, dass sie ihr Pausenbrot teilen können - ohne HIV-Risiko

Der besagte Tag in Kampala: Hier, vor allem im Hintergrund, ist der hektische Verkehr in Kampala zu erahnen


In Uganda fallen viele Moscheen und Tempel auf, denn der Islam und auch viele Inder/Pakistani sind hier präsent


Der Taxipark in Kampala, unsere tolle Sicht aus der Bar - ein einziges Gewusel


Das Fußballturnier am Samstag - da hat deutscher Organisationseifer gefehlt

Blattah lässt sich bekochen und liegt im Eingang unserer Wohnung, während draußen die Rufe der Moscheen und Tempel hallen

Jonathan, den alle "boyfriend" nennen, beweist, dass er besser und schneller mit Hand abwaschen kann als ich

Das Paradies am Victoriasee

Wenn man lange genug wartet, die Moskitos und das Malariagespenst ignoriert, kann man den Sonnenuntergang bei Vogelgezwitscher und Affengebrüll genießen


Wenn man aus unserer Wohnungstür schaut, ...


... erhascht man einen spannenden Blick über Wellblechdächer, sogar an der Baumkrone vorbei bis zum See

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen